José Baessa de Pina

© José Baessa Pina

José Baessa de Pina
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„Amadora unterhält eine historische Beziehung zum kolonialen Erbe Portugals.“

INTERVIEW: MARTA LANÇA

Wo befindet sich die Mehrheit der afrikanischen und afrodeszendenten Bevölkerung im Großraum Lissabon? 

 

Im Großraum Lissabon lebten insbesondere die kapverdischen Gemeinschaften und die Afrikaner im Allgemeinen vor allem am Rande der Stadt. Früher konnte man von einem „afrikanischen Lissabon“ sprechen, aber nach dem, was ich aus der Geschichte weiß, lebt die afrikanische Gemeinschaft seit den 70er Jahren vor allem in der Peripherie. 

Welche Orte würden Sie wählen, um der Kolonialität im Großraum Lissabon zu gedenken? 

 

Wenn es um einen bestimmten Ort geht, wäre das für mich die Stadt Amadora, die eine historische Verbindung zum kolonialen Erbe Portugals hat. 

Ich habe gehört, dass zu der Zeit, als meine Großeltern Anfang der 70er Jahre nach Portugal kamen, größere Teile der kapverdischen Gemeinschaft sich häufig im Estrela-Garten aufhielten, der direkt neben den Pensionen liegt, in denen mehrere Familien lebten. Vielleicht wäre eine Gedenkstätte im Jardim da Estrela denkbar, denn dort wurden Informationen und Nachrichten ausgetauscht und man traf sich an den Wochenenden.  

Es wäre auch gut, eine Gedenkstätte in Portas de Benfica zu haben, im bereits abgerissenen Bairro das Fontaínhas, wo sich jetzt an einem Kreisverkehr das Konsulat von São Tomé und Príncipe befindet. Etwa fünftausend Menschen lebten dort von den 70er Jahren bis ins Jahr 2000, und es hat eine große Symbolik für viele Menschen, die in diesen Jahren nach Portugal kamen.  

„Früher konnte man von einem ,afrikanischen Lissabon' sprechen, aber seit den 70er Jahren lebt die afrikanische Gemeinschaft vor allem in der Peripherie.“

Und wenn Sie an eine Intervention denken, um den schwarzen Widerstand in Lissabon sichtbar zu machen? 

 

Ich habe den Traum, dass es in Casal de São Brás, in Boba, eine Straße namens Amílcar Cabral gäbe. Vielleicht könnte man dafür eine Petition einreichen. Das wäre wichtig. Amíclar Cabral ist eine weltweit eine Referenz und es ist traurig, dass Portugal nicht wertschätzt, wer er war und was er getan hat. Die Erinnerung und das, was er vorher getan hat, wirkt sich auf die Gegenwart aus. Cabrals Ideen sind heute noch gültig. Wir alle haben die gleichen Rechte, die Freiheit, alles, wovon er geträumt hat, und auch das, was er nicht gesehen hat. Das Denken Cabrals ist immer noch präsent und wird auch in den Köpfen künftiger Generationen präsent bleiben. Portugal sollte Cabral ein Andenken im öffentlichen Raum widmen, und ihn im Unterricht behandeln, wie es bei so vielen anderen Autoren gemacht wird, die einen Beitrag für die Welt geleistet haben.  

Haben sich Schwarze an der Debatte über Erinnerungsfragen in Portugal beteiligt? 

 

Das haben sie und zwar sehr, auch ohne dass sie das Privileg und die Möglichkeit hatten, ihre Ergebnisse zu veröffentlichen, auch ohne die Werkzeuge und Anhaltspunkte, um an diesen Themen zu arbeiten. Es gibt viele Menschen, die sich mit Erinnerung beschäftigen. Ich etwa sammle die Erinnerungen meiner Gemeinschaft, das, was ich davon weiß, was ich gehört und hinterfragt habe. Es mangelt immer noch daran, Schwarzen ihre eigene Stimme zu lassen. Wenn wir sprechen, werden wir normalerweise gefragt, „wo ist die Quelle, woher haben Sie die Information?“. Meine Erinnerung und die Quelle meiner Erinnerung bin ich. Das wird manchmal abgewertet. Und das muss sich ändern.